Nicht nur Menschen geraten in Situationen, in denen professionelle Hilfe benötigt wird. Das passiert auch Tieren. Um bestmöglich für einen tierischen Rettungseinsatz vorbereitet zu sein, organisierte der Kreisfeuerwehrverband Hofgeismar e.V. am 24. Mai 2025 für 20 Einsatzkräfte aus den Feuerwehren Calden, Immenhausen, Grebenstein, Bad Karlshafen, Trendelburg, Reinhardshagen, Liebenau, Hofgeismar und Wesertal sowie für eine Veterinärmedizinerin als Bonusteilnehmerin ein Großtierrettungstraining.
Neben den zahlreichen Einsatzaufgaben heißt es in den Leitstellen von Feuerwehren häufig auch: Einsatz Tierrettung. Nicht immer ist es dann die sprichwörtliche Katze auf dem Baum, für die Einsatzkräfte der Feuerwehren ausrücken. Die Zahl der Einsätze, an denen große Tiere wie Pferde, Rinder, Lamas oder Esel etc. beteiligt sind, steigt seit Jahren. „Mein Pferd ist in einen Graben gerutscht und schafft es nicht mehr allein heraus. Ein PKW mit Pferdeanhänger ist in einen Verkehrsunfall verwickelt. Ein Rind ist in die Güllegrube gefallen.“ So klingen die Meldungen, die bei den Leitstellen eingehen. Gefordert sind in einem solchen Fall nicht nur die Rettungsorganisationen. Auch immer mehr landwirtschaftliche Betriebe, Tierparks und Veterinärmediziner erkennen die Notwendigkeit, auf derartige Situationen gut vorbereitet zu sein. Denn Fakt ist: Die Zahl der Rettungseinsätze für große Tiere, die in eine Notlage geraten sind, nimmt seit Jahren zu.
Mit der ganztägigen Ausbildung „Technische Großtierrettung – Menschen schützen, Tiere schonen, Werte erhalten“ werden die Retter auf die besonderen Gefahren und Herausforderungen an Einsatzorten mit großen Tieren vorbereitet. Ziel des Trainings ist eine sichere und tierschonende Rettung.
Bis vor einigen Jahren – und leider erlebt man es auch heute noch – wurde in solchen Fällen improvisiert. Oft blieb dabei die Sicherheit der Einsatzkräfte auf der Strecke und leider das Wohlergehen der Tiere fast immer. Hier hat sich glücklicherweise viel geändert. Immer mehr Menschen und Organisationen entwickeln ein Bewusstsein für die speziellen Gefahren und Herausforderungen von Großtierrettungseinsätzen und entscheiden sich für ein Training der technischen Großtierrettung, um in diesen anspruchsvollen Einsatzsituationen sicher und tierschonend agieren zu können. So auch die Verantwortlichen der teilnehmenden Feuerwehren.
Lernen und üben für sichere und tierschonende Großtierrettungseinsätze
Einen ganzen Tag nahmen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Trainings für dieses wichtige Thema Zeit. Der Trainingstag begann mit einem Seminarteil, bei dem die angehenden Großtierretter wichtiges Grundlagenwissen erhielten. Neben der ganzheitlichen Analyse der Einsatzsituation ging es um die richtige Einschätzung des Verhaltens von Menschen und Tieren unter Stress. Das Tier ist ein Lebewesen, das anders wahrnimmt als wir Menschen, das besonders unter Stress unvorhersehbar reagieren kann. Hier muss man gewappnet sein, sich als Retter wirkungsvoll schützen und im Team effizient agieren. Ein weiteres wichtiges Thema des Seminarteils war das konsequent auf Sicherheit gesetzte Personenmanagement. Dies bezog sich nicht nur auf die Einsatzkräfte und Veterinärmediziner, sondern auch auf andere am Einsatzort anwesende Personen wie die Tierbesitzer oder zufällig anwesende Personen. Denn nicht wenige Menschen setzen bei dem Versuch, einem in Not geratenen Tier zu helfen, bereitwillig und ohne Überlegung ihre eigene Gesundheit und Sicherheit aufs Spiel. Auch Anwendung geeigneter Einsatzstrategien sowie sichere und tierschonende Vorgehensweisen wurden thematisiert: Die technische Großtierrettung hat viele Facetten.
Der Bezug zur Praxis wurde in diesem ersten Seminarteil des Trainingstages anschaulich anhand mehrerer, teils haarsträubender Einsatzvideos aus aller Welt hergestellt.
Einsatzübungen mit lebensgroßem Rettungsdummy “Sam“
Nach gut zwei Stunden zur Vermittlung von Grundlagenwissen, gingen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Trainings ins Gelände, um das Erlernte am Beispiel verschiedener Einsatzszenarien praktisch anzuwenden und zu üben.
Es ist kaum zu glauben, in welche haarsträubenden Situationen sich Tiere immer wieder bringen. Schwierigste Gelände sind im Einsatz eher die Regel als die Ausnahme. Man kann die Stellung des Tieres und den Ort, wo es liegt, nicht beeinflussen. Mit vielseitigen Übungen wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf alles vorbereitet.“
Bevor es aber zur ersten Übung ging, legten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre PSA (persönliche Schutzausrüstung) an, die auch im Einsatz unbedingte Pflicht ist. Dann wurde der lebensgroße Rettungsdummy des Trainers entladen – ein unverzichtbares Lehrmittel für realitätsnahe Übungsszenarien. „Sam“ ist ein professioneller Pferdedummy, wiegt circa 200 kg und hat bewegliche Gelenke wie das lebendige Vorbild. Sein großer Vorteil: Er lässt alle Übungen und auch Fehler, die beim Training natürlich gemacht werden dürfen, geduldig über sich ergehen.
Bis in den späten Nachmittag hinein simulierten die Trainingsteilnehmerinnen und -teilnehmer mit Sam die verschiedensten Notlagen, wie sie im echten Einsatz vorkommen können: Es gilt das Pferd behutsam aus misslichen Lagen wie Gräben oder verunfallten Anhängern zu befreien – eine Herausforderung, die Geschicklichkeit und Teamarbeit erfordert. Alle lernen unter Anleitung des Trainers und mit dem Dummypferd, wie eine sichere und tierschonende Großtierrettung ablaufen sollte. Dabei kamen auch Spezialwerkzeuge zum Einsatz. Die Werkzeuge sind internationaler Standard und wurden für die technische Großtierrettung entwickelt. Sie sind geeignet, Tiere schonend und schmerzfrei zu befreien, ohne dass die Rettungskräfte dem Tier zu nahekommen müssen.
Alle Einsatzszenarien wurden so realistisch wie möglich nachgestellt, um die Einsatzkräfte und Veterinärmediziner auf den Ernstfall vorzubereiten, damit sich Retter nicht in Gefahr bringen und Tierbesitzer auf professionelle Hilfe setzen können.
Ein großer Dank geht an Lutz Hauch von ComCavalo Technische Großtierrettung, als einziger Anbieter qualitätszertifizierter Großtierrettungstrainings in Deutschland, für das spannende und sehr lehrreiche Training mit Sam, sowie an die Feuerwehr Trendelburg, die ihre Räumlichkeiten und das Trainingsgelände zur Verfügung stellte.





